FilmMaterialien 10 - Der komische Kintopp.
Gerhard Dammann erzählt
in: Die Filmwoche, Nr. 14, 3.4.1929
Also - da war ich einmal - vor zirka zehn Jahren - in einem Film beschäftigt, in dem ich eine Dame auf offener Straße aus einem leidlich vornehmen Privathause herauszerren, über die Straße schleppen und in eine bereitstehende Droschke verladen mußte; ich hatte die Pflicht, die Dame, die im Abendkleid war, recht herzhaft anzupacken. Wozu ich genug Ursache hatte, denn die Dame hatte mich - wie ich aus dem damaligen Drehbuch ersah - gräßlich betrogen. Ich ließ mir das nicht zweimal sagen, schleppte sie über den Bürgersteig - und ... hui! Klatsch! Klatsch! ... hatte ich zwei gediegene Ohrfeigen mitten im Gesichte sitzen. Ein sehr soignierter Herr stand vor mir und brüllte mich an: "Schämen Sie sich, Sie Flegel, eine Dame in dieser Weise zu behandeln!" Und zu meiner Begleiterin, die von mir lange nicht so mißhandelt worden war, wie ich von dem Unbekannten, meinte dieser gönnerhaft: "Meine Gnädigste, Sie stehen jetzt unter meinem Schutz, - was hat dieser Grobian gegen Sie?"
Und noch ein Fall: da mußte ich einmal in England, dicht bei London, von einer hohen Brücke ins Wasser springen, entsetzlich um Hilfe schreien und ganz peu à peu in der Themse wegsacken. Ich sprang, ich schrie und sackte ganz nach Vorschrift weg, strampelte ein wenig und nahm mit den Fingerspitzen oberhalb des Wasserspiegels Abschied vom Leben. Plötzlich packt mich eine Männerfaust und zieht mich in ein Boot. "Lassen Sie mich!" schreie ich. "Ich muß untergehen, ich muß! Ich muß!" Aber es half nichts. Der Policeman hielt mich für einen Selbstmörder, hielt mir die Hand auf den Mund (von wegen "Wasser in der Lunge") ... und war hernach grimmig wütend darüber, daß ich ihn "zum besten gehabt" hätte. Er hatte sich schon so schön auf eine Rettungsmedaille gespitzt ... und hatte dafür nur - eine Filmaufnahme verdorben.
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