3 x Nebenzahl

Eine deutsch-amerikanische Produzentenfamilie
zwischen Europa und Hollywood

14. Internationaler Filmhistorischer Kongress, 2001

Sichtung: 24. - 27. Mai 2001 in Berlin
Kongress: 15. - 18. November 2001 in Hamburg


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Dear Friends at CineGraph, and all lovers of film


What an inspired idea to bring a vast work of film out of the darkness of the vaults and give them life again. These films span three generations, some outstanding, of film-historical value, others merely entertaining. Whatever their merit, for me their showing is an intensely emotional and satisfying experience. None of this would have been possible without the incredibly hard work on the part of CineGraph in assembling, by begging, borrowing, soliciting and researching this "3 x Nebenzahl" retrospective. As the last and least of this film dynasty I thank you for those who have gone before, and those who remain.

Harold Nebenzal


 

Im November 2000 hat CineGraph - Hamburgisches Centrum für Filmforschung e.V. einen neuen inhaltlichen Schwerpunkt der jährlichen Internationalen Filmhistorischen Kongresse etabliert. Nach der Beschäftigung mit unterschiedlichen Genres des populären Weimarer Kinos eröffnete »Deutsche Universal - Transatlantische Verleih- und Produktionsstrategien eines Hollywood-Studios in den 20er und 30er Jahren« die Auseinandersetzung mit Produzenten, Verleihern und Produktionsgesellschaften. Diese Ausrichtung findet in diesem Jahr ihre Fortsetzung. Der 14. Internationale Filmhistorische Kongress, der wieder gemeinsam mit dem Bundesarchiv-Filmarchiv veranstaltet wird, widmet sich den Produzenten Heinrich, Seymour und Harold Nebenzahl.

Der Epochenbogen umspannt drei Generationen und ist vom Wechsel zwischen Europa und den USA geprägt. Als individuelle Biografie einer deutsch-amerikanischen Produzenten-Familie liefert sie zugleich weiterführende Einblicke von der frühen deutschen Filmgeschichte über die Höhepunkte gegen Ende der Weimarer Republik bis ins französische und amerikanische Exil und darüber hinaus in die Entwicklung sowohl europäischer als auch transatlantischer Cooperationen.

Bevor sich Heinrich Nebenzahl - einer der jüdischen Remigranten aus Amerika, die sich um 1900 in Berlin geschäftlich etablierten - dem Filmgeschäft zuwandte, betrieb er mit seinem Bruder die Firma Gebrüder Nebenzahl, die sich auf den europaweiten Handel mit Eiern spezialisiert hatte. Der nicht eben klassische Weg vom Eierhandel zur Filmproduktion begann für Heinrich Nebenzahl in den 10er Jahren: 1917 wurde er Geschäftsführer der Natur-Film Friedrich Müller, zwei Jahre später übernahm er von Alfred Leopold die Metro-Film GmbH, 1922/23 produzierte er als Geschäftsführer der berliner Niederlassung der Apex Film Company Ltd, London, die Harry Piel Filme Rivalen und Der letzte Kampf. Nachdem Piel und Nebenzahl auch bei Abenteuer einer Nacht (1923) erfolgreich zusammengearbeitet hatten, gründeten sie gemeinsam die Hape-Film Company GmbH, die bis zu ihrer Auflösung 1925 sechs Filme herstellte.

Schließlich gründete er 1925 in Berlin mit seinem 1897 in New York geborenen Sohn Seymour die Heinrich Nebenzahl & Co GmbH, aus der dann - in Partnerschaft mit Richard Oswald - die Nero-Film GmbH, dann AG entstand. Diese widmete sich zunächst der Herstellung von Publikumsfilmen, u.a. weitere mit Harry Piel, ehe Seymour Nebenzahl eine ambitioniertere Firmenpolitik anstrebte und 1928 erstmals mit G. W. Pabst zusammenarbeitete. Es entstanden klassische Filme wie Die Büchse der Pandora (1928/29) und Tagebuch einer Verlorenen (1929). Zu weiteren Meilensteinen des deutschen Kinos dieser Zeit, an denen die Nebenzahls beteiligt waren, gehören u.a. Robert Siodmaks Menschen am Sonntag (1929/30), Die 3-Groschen-Oper (1930/31) und Die Herrin von Atlantis (1932) von Pabst sowie Fritz Langs M (1930/31) und Das Testament des Dr. Mabuse (1932/33).

Mit dem Negativ dieses von Goebbels verbotenen Films floh Seymour Nebenzahl 1933 nach Paris. Im französischen Exil arbeitete er mit anderen Exilanten zusammen. Unter dem durch Mehrsprachen-Versionen international etablierten Namen Nero-Film produziert er u.a. Siodmaks La Crise est finie! (1934), Anatol Litvaks Mayerling (1935/36) und Max Ophüls' Werther (1938). Anschließend wirkte Seymour Nebenzal (wie er seinen Namen amerikanisierte) als Produzent in den USA, wo er ab 1940 z.B. mit Douglas Sirk Hitler's Madman (1942/43) und Summer Storm (1943/44) realisierte, und sich neben einigen B-Movies um Wiederverfilmungen seiner Welterfolge bemühte, so Joseph Loseys Lang-Remake M (1950/51). 1961 produziert er schließlich in Deutschland den Fernsehfilm Bis zum Ende aller Tage. Sein 1922 in Berlin geborener Sohn Harold setzte schliesslich die Familientradition fort - als Produzent oder Drehbuchautor war er an Filmen wie Bob Fosses Cabaret (1971/72), Ralph Nelsons The Wilby Conspiracy (1974/75) und Billy Wilders Fedora (1977/78) beteiligt.

Aufgrund der wechselhaften Geschichte der Nebenzahl-Firmen und der Heterogenität der daraus entstandenen Produktionen ergeben sich für den Kongress eine Fülle von möglichen Fragestellungen und Ansätzen. Wie sich der u.a. durch das politische Zeitgeschehen erzwungene Wechsel zwischen Berlin, Paris, New York und Hollywood auf Form und Qualität der Filme auswirkte, wäre z.B. ebenso zu diskutieren wie die Frage, welchen Anteil die Nebenzahls an der innovativen Kraft der Filme von Siodmak (einem engen Verwandten), Pabst und Lang gehabt haben. Die produktiven Verbindungen der Nebenzahls zu den Emigranten der deutschen Filmindustrie könnten ebenso beleuchtet werden, wie die Besitzverhältnisse und Strategien der Nero-Produktionsfirmen, an denen die Nebenzahls unter verschiedensten Bedingungen in Deutschland, Frankreich und den USA beteiligt gewesen waren.

 

 

Insgesamt ist hier ein spannender Weg zu rekonstruieren, der von Harry Piel und Augusto Genina über Pabst und Lang bis zu Douglas Sirk, Edgar Ulmer und Gregg G. Tallas reicht und von Europa nach Hollywood führt.



Anmeldungen

bei CineGraph, Gänsemarkt 43, 20354 Hamburg,
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Ansprechpartnerin: Erika Wottrich.


24-Jan-2001