Triviale Tropen
Materialien zum 9. Internationalen Filmhistorischen Kongreß, Hamburg, 1996
Zeitgenössische Pressestimmen

Selam aleikum!

Martin Ziegler

in: Film-Kurier, Nr. 72, 9.4.1920


SELAM ALEIKUM (bitte nicht mit Salem-Aleikum-Zigaretten verwechseln) ist das erste Filmwerk der Orient-Film und wird ausschließlich von Mitgliedern Leipziger Bühnen dargestellt.

Das von Edmund Linke stammende Manuskript ist ziemlich verfehlt. Die Handlung, durch allerhand Einzelheiten auf sieben Akte ausgedehnt, ist dürftig, konfliktarm und obendrein noch so verwirrt, daß man das Durcheinander schwer versteht und sich langweilt. Die Szenen, in denen so wenig vorgeht, dafür aber umso mehr gesprochen wird, sind zu lang und müßten, um dem Film zur Wirkung zu verhelfen, bedeutend gekürzt werden. Erfreulicherweise sind wenigstens nicht übermäßig viel Zwischentitel vorhanden. Steigerung läßt die Handlung, die sich immer in gleichem Tempo hinzieht, ganz vermissen. Zu allen Verfehlungen des Films, dessen Handlung in Mekka, Mosul, Isphahan, Basra und sonstwo spielt, kommt noch, daß dem Leipziger Publikum die Illusion genommen wird, wenn ungeschickt und wenig täuschend aufgenommen die Freitreppe des Völkerschlachtdenkmals, der Tropfsteinfelsen des Zoo und allerhand anderes echt Leipzigerisches als echt Orientalisches vorgetäuscht wird.

Bedeutend milieuechter als die Außenaufnahmen wirken die im Atelier gestellten Szenen. Hier hat Herr Linke, der für die Dekoration verantwortlich ist, unbestritten Großes vollbracht. Die Bilder sind meist wunderbar und geradezu prachtstrotzend ausgestattet mit orientalischen Teppichen, Behängen und anderen wertvollen Gegenständen, die Herr Linke in Unmenge besitzt. Hierdurch wirken die Szenen außerordentlich bildhaft (z.B. Alhambra, Markt), falls sie nicht zu übertrieben bunt und zu dunkel sind.


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