Reihe CineGraph Buch

Malte Hagener / Jan Hans (Red.)

Als die Filme singen lernten
Innovation und Tradition im Musikfilm 1928 - 1938

Ein CineGraph Buch

München: edition text + kritik
224 Seiten, zahlreiche Abbildungen
DM 37,-- / öS 270,-- / sfr 34,--
ISBN 3-88377-614-9


Unvermittelt wie kein anderes Filmgenre hat der frühe Musikfilm die Modernisierung des Alltagslebens und die großstädtische Moderne abgebildet. Klamauk und Klamotte fanden mühelos mit Parodie und Selbstreflexivität zusammen. Dennoch bildet der Zeitraum unmittelbar nach Einführung des Tonfilms in der Filmgeschichte immer noch weitgehend unerforschtes Terrain. Allzu lange folgte die Forschung der Meinung der etablierten Stummfilmkünstler, die im Tonfilm nur Ende und Verfall einer gerade zur Kunstform aufgestiegenen Gattung sahen.

Ein unbefangener Blick auf diese Epoche - möglich geworden durch neueste Forschung und ein unverkrampftes Verhältnis im Umgang mit Populärkultur - erweist, daß der Übergang zum Tonfilm keinesfalls nur durch Unsicherheit und Resignation gekennzeichnet war, sondern vor allem Chancen und Möglichkeiten bot. Dies wird am Beispiel des Musikfilms aufgezeigt, der die Veränderungen der urbanen Moderne paradigmatisch gespiegelt hat, der aber auch umfassend den kulturindustriellen Verwertungszusammenhängen von Rundfunk, Schallplatte und Konzertereignis unterlag.

Der Zeitrahmen 1928 bis 1938 mag aus deutscher Sicht überraschen: er stellt den Versuch dar, die traditionellen Stil- und Epochenzuschreibungen in einer europäischen Perspektive neu zu diskutieren. Entwicklungen in Italien, Österreich und Frankreich, in den osteuropäischen Ländern und der Sowjetunion werden ebenso berücksichtigt wie Kontinuitäten und Brüche im Exil. Gerade in Österreich und Italien konnten eingespielte Produktionsmethoden fortgeführt, Themen und Motive weiterentwickelt werden. Es sind solche Konstellationen, die dem Genre seine charakteristische Vielschichtigkeit verleihen. In den Beiträgen werden die Konturen einer Filmgattung deutlich, die in ihrer Komplexität und ihrem Reichtum bislang verkannt wurde.

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind u. a. Marie-Luise Bolte, Francesco Bono, Horst Claus, Brian Currid, Thomas Elsaesser, Jeanpaul Goergen, Janina Jentz, Donata Koch-Haag, Brigitte Mayr, Leonardo Quaresima, Daniela Sannwald und Hans-Joachim Schlegel. Ergänzt werden ihre Analysen durch Materialien und einen filmografischen Anhang zum Thema.

Inhalt

  • Malte Hagener, Jan Hans: Musikfilm und Modernisierung. Vorwort
  • Horst Königstein: LET THE MUSIC PLAY
  • Daniela Sannwald: DER TON MACHT DIE MUSIK. Zur Definition und Struktur des frühen Tonfilms
  • Marie-Luise Bolte: VOM KABARETT ZUM FILM. 4 Komponisten-Porträts und Thesen zum Filmsong
  • Brian Currid: DAS LIED EINER NACHT. Filmschlager als Organe der Erfahrung
  • Leonardo Quaresima: TANKSTELLE UND HINTERHOF. »Genre«-Entwicklung als Modernisierungsprogramm
  • Jeanpaul Goergen: LEBENSWAHRHEIT IM MUSIKFILM. René Clairs SOUS LES TOITS DE PARIS
  • Thomas Elsaesser: DAS LIED IST AUS oder Wem gehört die Operette?
  • Horst Claus: VON GILBERT ZU GOEBBELS. Hans Steinhoff zwischen Operette und Tonfilm mit Musik
  • Michael Wedel: DER PI-PA-PO-REGISSEUR. Musik und Operette bei Richard Eichberg
  • Hans-Joachim Schlegel: DAS STALINISTISCHE HOLLYWOOD. Zu Grigorij Aleksandrovs Musikfilmkomödien
  • Francesco Bono: CASTA DIVA. Der Beitrag des deutschsprachigen Kinos zum italienischen Musikfilm
  • Brigitte Mayr: BUDAPESTER CHARME UND WIENER AMBIENTE. Der Musikfilm im Exil in Österreich und Ungarn 1933-1938
  • Donata Koch-Haag: CHE FARO SENZA EURIDICE... Die Stimme als Bühne der gender politics im frühen deutschen Musikfilm
  • Janina Jentz: WARENFETISCH UND SPEKTAKEL. Oder: die (wieder)hergestellte Ordnung
  • EIN LIED GEHT UM DIE WELT. Musikfilm und (E)Migration 1933 - 1939


Materialien zum gleichnamigen filmhistorischen Kongreß (1998)
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