Tonfilmkrieg / Tonfilmfrieden. Materialien zum 15. Internationalen Filmhistorischen Kongreß, Hamburg, 20. - 24. November 2002.

Filme


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1928/29. 

Melodie der Welt.

Regie, Buch: Walther Ruttmann. 
Kamera: Reimar Kuntze (in DE); Wilhelm Lehne, Rudolph Rathmann (unterwegs). Bauten: Erich Czerwonski. 
Schnitt: Erna Hölzel, [Walther Ruttmann]. 
Ton: Karl Brodmerkel, Adolf Jansen. 
Leitung der Tonherstellung: Guido Bagier. 
Musik: Wolfgang Zeller. 
Ausführung: Bernhard Etté mit seinem Tanzorchester. 
Leitung der Filmexpedition: Heinrich Mutzenbecher. 
Teilnehmer an der Filmexpedition: Paul Theodor Etbauer, Kunstmaler. 
Dichterische Mitwirkung: Alfons Paquet. 
Einleitungsrede: Hapag-Generaldirektor Wilhelm Cuno. 
Darsteller in der Rahmenhandlung: Iwan Kowal-Samborski (Matrose), Renée Stobrawa (seine Frau), Grace Chiang (Japanerin), O. Idris (Tempeltänzer). 
Produktion: Hamburg-Amerika-Linie (Hapag), Hamburg / Tonbild-Syndikat AG (Tobis), Berlin. 
Produktionsleitung: Guido Bagier (Tobis), Heinrich Mutzenbecher (Hapag). 
Drehorte: Berlin, Hamburg, Hapag-Dampfer "Resolute"; Stationen einer Weltreise, u.a. Indien, Sumatra, Japan, Hawaii, Singapur, Madura, Zamboango, Ceylon, Palästina, China, Japan, Sundainseln, Formosa, mehrere europäische Staaten. 
Länge: 41 min, 1115 m / 41 min, 1128 m / 50 min, 1382 m. 
Zensur: 11.3.1929, B.21917, Jv. / DP: 23.7.1929, B.22986, Jv. / 3.6.1930, B.26087, Jf. / DP16: 28.2.1939, B.50822, "nur in geschlossener Veranstaltung auf dem Hamburger Tage der Werbung vom 1. bis 3.3.1939, auch vor Jugendlichen". 
Uraufführung: 12.3.1929, Berlin (Mozartsaal). 
- "Erster abendfüllender deutscher Tonfilm".
- Mehrere (jeweils erweiterte) Fassungen.
- Prädikat (1929, 1931): Künstlerisch und volksbildend.
- Französische Synchron-Fassung: "La melodie du monde".

Walther Ruttmann, ein klarsichtiger, sehr gegenwärtiger Mensch, hat zunächst im Bild die Melodie des Täglichen, Sichtbaren, Wirklichen aufgespürt. (Der BERLIN-Film.) Nun erfuhr man, er habe auch im hörbaren Erlebnis dieser Welt, in ihrem Fest- und Werktagsklang, in ihrem Tanz-, Gebets- und Todeston, in der tausendfachen Sprache des Lebsosen, in China, Japan, Deutschland, Frankreich, die gegensätzlichen, im Höheren gebundenen Motive einer Melodie gefunden.

Man ist enttäuscht worden. Zunächst gibt Ruttmanns Tonbild-Bericht dem Ohr sehr wenig. Man hört die Sirene eines Dampfers heulen, Maschinen stampfen, die Zuschauer eines Sportereignisses schreien, einen exotischen Tänzer mit den Schuhen klappern. Der Rest ist die als Tonbild aufgenommene Begleitmusik Wolfgang Zellers, sehr mittelmäßig reproduziert, ausdrucksarm, etwas blechern, oft störend. Dieser automatische Lärm erweckt die Sehnsucht nach einem lebendigen, miterlebenden, klaren Orchester, wie es etwa die STURM ÜBER ASIEN-Aufführung hatte.

Ruttmann zeigt in seiner Bild-Montage nirgends das Typische der Dinge. Er arbeitet ausschließlich, ohne jeden Wechsel des technischen Einfalls, mit Assoziationen. Bolle-Wagen, Ziege, Milchkuh, Kathedrale, Pagode, Moschee. Deutsche Mutter, Negermutter, Elefantenmutter. Katholische Messe, Derwischtanz. - Diese Assoziationen sind billig, sie werden von keiner großen Idee getragen, es sei denn von der nicht mehr verblüffenden Vorstellung von einer Gleichzeitigkeit und Verwandtheit alles Lebendigen, dem eine kleine, klischeehafte Kriegsvision mahnend entgegengesetzt ist. Die Bilder sind unscharf, oft gesehen, photographisch ohne besonderen Reiz. Sie werden blitzschnell gezeigt, haften nicht, bleiben starr, wie im Panorama-Theater. Sie sind - noch einmal! - untypisch. Der Russenfilm zeigt in fünf Minuten zehn unvergeßliche Gesichter. Ruttmann zeigt nicht ein einziges erinnerungswertes Profil.

Was er gibt, sind billig ausgeführte Bilder eines populären "Lexikons der menschlichen Rassen". Hier eine Palme im Hintergrund, dort ein japanisches Papierfenster, das sind nur abgebrauchte Attribute zur leichteren Orientierung des anspruchslosen, aber lerneifrigen Zuschauers. Eine große Anzahl lebloser Aufnahmen kann nicht einmal davon überzeugen, daß sie an Ort und Stelle gemacht sind.

Die Möglichkeiten des Tonfilms? Wir können sie noch nicht erkennen, weil wir noch immer keinen wirklichen Tonfilm gesehen haben. Ruttmanns Werk ist eine Bilderfibel mit karger Klang-Illustration. Was er darbietet, kann - schärfer, stärker, temperamentvoller - für die Wochenschau der Zukunft fruchtbar werden."

Hanns G. Lustig,
Tempo, Nr. 61, 13.3.1929

 

Ein Triumph des stummen Films, ein Triumph moderner, künstlerischer Filmreportage und ein Triumph für Walther Ruttmann, der hier weit über seinen BERLIN-Film hinauswuchs. Ruttmann fuhr in dem Hapagdampfer "Resolute" um die Welt, und was ihn interessant dünkte, fing er mit der Kamera auf. Also ein "interessanter" Reisefilm? Nein, etwas fundamental anderes, nämlich ein soziologischer Querschnitt durch die Völker. Wie das gemacht wird? Sehr einfach: durch geschickte Schnittarbeit und mit Hilfe einer allgemeinen politischen und sozialen Gesinnung, welche die Dinge, die auf der Welt vorgehen, unter einem besonderen Gesichtswinkel sieht.

So betrachteten auch wir, im Handumdrehen fortgerissen, die Welt mit ganz neuen Augen. Im Bruchteil einer Sekunde raste die Kamera von Paris nach Timbuktu, von Tokio nach Neuguinea. Sie rast über Erdteile, um uns zu beweisen, daß zwar die Völker verschieden essen, trinken, sich waschen, Sport treiben, Reden halten, beerdigen, Parademarsch exerzieren - -, daß sie das alles zwar auf sehr verschieden und merkwürdige Weise tun, aber daß im Grunde gar kein Unterschied vorhanden ist. Sie waschen sich alle, der eine das Gesicht mehr, der andere lieber die Füße, sie tanzen alle, die einen im Ballsaal, die anderen im Freien, sie marschieren alle, die Stahlhelmleute mit bunten Fahnen und die Indianer mit buntem Kopfschmuck, und überall sterben auch die Menschen, nur daß bei manchen die Särge schwarz sind und bei den anderen weiß. 
Es ist ein ebenso primitives wie raffiniertes Wunder, und vollkommen begreifen wir es auch noch nicht, daß wir in einem Theaterraum vor einem Stückchen Leinwand sitzen und dabei gleichzeitig durch die Welt fliegen so schnell wie die Strahlen des Lichts. Plötzlich interessiert uns Geographie durchaus nicht mehr, unsere Sinne (nicht nur unsere Augen) umschleichen Menschen, Gesichter, Gebärden, Gebräuche. Plötzlich interessieren uns Vergleiche: wie macht man es hier, wie macht man es dort? Bisher, mit den üblichen künstlerischen oder technischen Mitteln, konnte man uns das nur recht umständlich auseinandersetzen. Hier in diesem Film dürfen wir diese Vergleiche innerhalb von Sekunden ziehen. Kein Vortrag, kein Buch, kein Photo, kein Radio, nichts auf der Welt kann uns in anderthalb Stunden so viel von der Welt zeigen und über die Welt beweisen, wie eine solche Filmreportage, ausgeführt von einem Menschen mit künstlerischer und sozialer Gesinnung.
Überflüssig zu betonen, daß der Film nicht ein einziges Textwort enthält. Die Zusammenstellung der Bilder, der Schnitt, das Tempo sprechen für sich selbst. Ein Buch von 200 Seiten wird erspart.

Hergestellt worden ist der Film von der Tonfilm-Gesellschaft Tobis. Zu Beginn eine Aufnahme vom sprechenden Generaldirektor der Hapag, dem Reichskanzler a.D. Cuno. Es klang wie schlechtes Grammophon. Später dann im Film einige Töne der Dampfsirene und ratternder Maschinen und Ankerketten. Hier war die Wiedergabe ausgezeichnet (wenn auch, weil zu vereinzelt, im Rahmen diese Filmes eher störend). Der Geräuschfilm hat bestimmt seine Zukunft. Man hatte uns noch Shaw und Tagore sprechend versprochen, aber offenbar kurz vor der Aufführung diese Teile wieder herausgeschnitten. Die begleitende Musik war mit dem Tonbildstreifen aufgenommen. Also ein unsichtbares Orchester im Mozartsaal. Auch das klang vortrefflich und durchaus natürlich.
Aber wie weit wir nun in Deutschland mit dem wirklichen Ton- und vor allem mit dem Sprechfilm technisch vorgeschritten sind, haben wir nicht zu hören bekommen. Man vergaß bereits während des ersten Aktes, daß uns der erste große deutsche Ton- und Sprechfilm angekündigt worden war. Statt dessen sahen wir einen Film, der uns aufs stärkste durch die intensive Stummheit seiner einzigartigen Bildmontage berührte.

Heinz Pol, 
Vossische Zeitung, Nr. 124, 14.3.1929

 

Vor einigen Tagen hatte ich Gelegenheit, den Großfilm der Hapag MELODIE DER WELT zu sehen und zu hören. (...) Um überhaupt einen Platz zu bekommen, mußte ich erst eine Stunde anstehen, aber das machte mir nichts aus. Als Prolet ist man dieses stundenlange Warten schon vom Arbeitsamt gewohnt. Allmählich kam ich immer weiter nach vorne, um schließlich meinen Platz zum Preise von 1 Mark zu erreichen. Neben mir saßen einige Leute, die sich den Anschein gaben, als wären sie etwas Besonderes.
Um mich in den Pausen nicht zu langweilen, denn das Programm, welches ich am Eingang erhielt, hatte ich schon x-mal durchgelesen, nahm ich meine "Hamburger Volkszeitung" aus der Tasche und las. Es vergingen keine fünf Sekunden, da tönt es von meinem rechten Nachbarn an mein Ohr: "Sieh nur, Mann, ein Kommunist! Ich wurde von ihnen bestaunt wie ein seltenes Prachtexemplar aus Hagenbecks Tierpark. Als sie sich von dem ersten Schrecken erholt hatten, fingen sie an, mich zu belästigen. Worte wie "Solche Bande soll man rausschmeißen, die haben gar nichts in einem Theater zu suchen", tönten an mein Ohr. Ich ließ mich jedoch von diesen "wohlerzogenen" Herrschaften nicht stören.

Ungefähr in der Mitte des Films zog allerhand Militär der verschiedensten Großmächte über die Leinewand. Für Deutschland paradierte der Stahlhelm. Das war etwas für die Pfeffersäcke. Sie ließen es sich nicht nehmen und klatschten "begeistert" in die Hände. Auch meinen Nachbarn zur Rechten packte der chauvinistische Spleen: Was andere können, kann ich auch. Also brachte ich dem auf der Leinewand in Paradeschritt vorüberstolzierenden Stahlhelm ebenfalls meine Begeisterung dar, indem ich mit den Füßen auf den Fußboden trampelte.
Von irgendwo her begleitet mich jemand mit einem langgezogenen Pfiff. Das war auch eine "Melodie der Welt".

Also Prolet, diese "Melodien der Welt" spielt die Bourgeoisie. Wer als klassenbewußter Arbeiter in einem Bourgeoisietheater die "Volkszeitung" liest, den beschimpfen sie. Wenn Pfingsten 1929 die Straßen Hamburgs von den Roten Frontkämpfern aller Länder überfüllt sind, dann können die Aktionäre der Hapag und die königlichen Pfeffersäcke aller Schattierungen einmal die richtigen "Melodien der Welt" kennen lernen.

Arbeiterkorrespondent 1282, 
Hamburger Volkszeitung, Nr. 70, 23.3.1929


1929. 
Die Sendung des Tonfilms.
Text und Vortragender: Fritz von Unruh.

Produktion: Tobis-Industrie GmbH, Berlin. 
Länge: 4 min, 96 m. 
Zensur: 23.4.1929, B.22249, Jf. 
- Kurz-Dokumentarfilm.


1931.

Die Koffer des Herrn O. F.

Regie: Alexis Granowsky. 
Buch: Alexis Granowsky, Leo Lania; nach einer Idee von Hans Hömberg. 
Kamera: Reimar Kuntze, Heinrich Balasch. 
Standfotos: Eugen Klagemann. Bauten: Erich Czerwonski. 
Kostüme: Edward Suhr. Maske: Karl Holek, Bruno Cieslewicz. 
Schnitt: Paul Falkenberg, Curt von Molo. 
Ton: Hans Grimm, Hans Bittmann. 
Regie-Assistenz: Jakob Gärtner. 
Musik: Karol Rathaus. 
Musikalische Leitung: Kurt Schröder. 
Ausführung: Orchester Barnabas von Géczy, Lewis Ruth-Band. 
Lied-Texte: Erich Kästner. 
Musik-Titel: "Die Haut, die ist das erste Kleid", "Die Welt ist groß, und Ostend so klein…", Cabarett-Song: "Meine Herren! Meine Herren! Das ist die moderne Kultur!" Die kleine Ansprache: "Meine Damen und Herr'n!", Hausse-Song: "In Ostend ist Hausse", "Meine Damen, meine Herr'n, das Paradies ist noch sehr fern". 
Darsteller: Alfred Abel (Bürgermeister), Peter Lorre (Redakteur Stix), Harald Paulsen (Baumeister Stark), Ludwig Stoessel (Hotelier Brunn), Hedy Kiesler [= Lamarr] (Helene, Tochter des Bürgermeisters), Margo Lion (Viola Volant, Kabarettstar), Ilse Korseck (Sekretärin und spätere Frau des Bürgermeisters), Liska March (Eve Lune), Gaby Karpeles (Gehilfin im Modesalon), Hadrian Maria Netto (Friseur Jean), Hertha von Walter (seine Frau), Franz Weber (Schneider Dorn), Maria Karsten (seine Frau), Fred Döderlein (Alexander, Sohn des Bürgermeisters), Bernhard Goetzke (Prof. Smith, Vorsitzender der Weltkonferenz), Josefine Dora (Schwiegermutter des Friseurs), Friedrich Ettel (Apotheker), Aenne Görling (Zimmervermieterin Frau Beck), Rudolf Hofbauer (Filmregisseur), Arthur Mainzer (Filmdirektor), Meinhart Maur (Arzt), Aribert Mog (Gehilfe des Baumeisters), Ralf Ostermann (Maître d'Hôtel), Henry Pless (Bankdirektor), Gerti Ober (seine Sekretärin), Eduard Rothauser (Reisebürodirektor), Elsa Wagner (seine Sekretärin), Hans Herrmann-Schaufuß (Hausdiener Peter), Franz Schönemann (Agenturdirektor), Trude Rosen, Ursula Urdang (seine Sekretärinnen), Fanny Schreck (Schwiegermutter des Schneiders), Franz Stein (Gesanglehrer), Ernst Wurmser (Dirigent der Feuerwehrkapelle); ferner: Hans Adolfi, Ernst Behmer, Eduard Bornträger, Ernst Busch, Lilly Claus, Walter Ekardt, Alexander Fernoff, Maria Forescu, Barnabas von Géczy, Edgar Hellwald, Valerie Hofbauer, Ursula Kastner, Lydia Kindermann, F. Klein, Fritz Klippel, Frank Lothar, J. Lenggl, Menonon, Marcel Merminod, Paul Molescu, Leo Monosson, Edmund Puch, Franz Schrecker, Gad Shelaso, Jakob Sinn, Mara Spiegel, Hans Otto Stern, Valeska Stock, Kurt Thormann, Karl Wagner, Otto Waldis. 

Produktion: Tobis-Industrie GmbH, Berlin. Produzent: Ernst Nölle. 
Produktionsleitung: Hans Conradi, Mark Asarow. 
Aufnahmeleitung: Erich Frisch. 
Drehzeit: 15.9. - 17.10. 1931. 
Drehort: Jofa-Atelier Berlin-Johannisthal. 
Länge: 80 min, 2187 m / DP: 71 min, 1956 m. 
Zensur: 25.11.1931, B.30456, Jv. / DP: 19.3.1932, B.31232, Jv. 
Uraufführung: 2.12.1931, Berlin (Mozartsaal). 

Granowskys erster Film DAS LIED VOM LEBEN war eine filmische Sensation, nicht nur, weil die Zensur sich darüber entsetzte und ihn anfänglich verbot, sondern, weil er vor allem ein interessantes Experiment war, dessen künstlerische Linie in (…) KUHLE WAMPE, bewußt wieder aufgenommen wird. 

Dieser Film nun, DIE KOFFER DES HERRN O. F., geht in gänzlich andern Bahnen, ist nicht experimentell, sondern behandelt ein groteskes Thema im Sinne Nestroys. Und dieses Thema ist so hintergründig, daß allein durch sein Sujet dieser Film bereits ein Niveau hat, das rar geworden ist, ganz abgesehen von der künstlerisch und meisterlichen Regie, mit der es dargestellt wurde. Dieser Film gibt nämlich eine Antwort auf die Frage, die eilige Leser stellen, wenn sie etwas von einer "Initialzündung" zur Neuankurbelung der Wirtschaft hören. Die Koffer des Herrn O. F. sind nämlich der Anlaß einer solchen Initialzündung, die aus dem verträumten mitteldeutschen Nest Ostend eine blühende Weltstadt macht. An einem phantastischen Beispiel wird hier tatsächlich demonstriert, auf welchen Faktoren so etwas wie "Wirtschaftsvertrauen" beruht. Wenn nämlich der Glauben an die Chancen in der Zukunft größer wird, als der Zweifel daran, so besteht wieder der Wille, das beiseitegebrachte Vermögen in Zukunftschancen, wie etwa Bauten, hineinzustellen. Hier wird dieser Glaube erzeugt durch die mysteriösen Koffer, die plötzlich eines Tages vor dem einzigen Hotel in Ostend abgeladen werden und versprechen, daß ihnen ein ebenso bedeutender Mann, denn die Koffer sind schwer und nach ihrem Hotelzettel weit gereist, folgen wird. Dieser Herr O. F. wie er nach der Aufschrift auf seinen Koffern heißen muß, ist die große Hoffnung von Ostend, und im Vertrauen auf sein Erscheinen und auf sein Geld fassen die Bürger von Ostend den Mut, die kühnen Pläne ihres Architekten zu verwirklichen und ein Wirtschaftswunder inmitten der Krise aufzustellen. Natürlich ist das alles nur ein spaßiger und etwas phantastischer Aphorismus zum Ernst der heutigen Situation. Aber es ist wenigstens ein Film, der abseits vom Klischee, sich geistvoll mit der Zeit auseinandersetzt, im Sinne einer Simplizissimus-Anekdote zwar, über die man zunächst lacht, aber nachher um so nachdenklicher wird, erst langsam die Größe ihrer Konzeption zu erkennen vermag. 
Wir empfehlen diesen Film. Er gibt Anlaß zu herzlichem Lachen, er ist ausgezeichnet gemacht und ein gescheiter, ironischer Zeitbeitrag dazu.

Heinrich Braune,
Hamburger Echo, Nr. 140, 11.6.1932


1931. 

À nous la liberté. 
(Es lebe die Freiheit!).

Regie, Buch: René Clair. Kamera: Georges Périnal, Georges Raulet. 
Bauten: Lazare Meerson. 
Kostüme: René Hubert. 
Schnitt: René Le Henaff. 
Ton: Hermann Storr. 
Musik: Georges Auric. 
Musikalische Leitung: Armand Bernard. 
Regie-Assistenz: Albert Valentin, Ary Sadoul.
Darsteller: Henri Marchand (Emile), Raymond Cordy (Louis), Rolla France (Jeanne), Paul Ollivier (Paul Imaque, l'oncle), Jacques Shelly (Paul), Germaine Aussey (Maud), André Michaud (le contremaître), Léon Lorin (un monsieur âgé), William Burke (un ancien détenu), Vincent Hyspa (un orateur), Marguerite de Morlaye, Maximilienne, Ritou Lancyle, Léo Courtois, Albert Broquin, Eugène Stuber, Alexandre d'Arcy, Robert Charlet. 
Produktion: Société des Films Sonores Tobis, Paris. 
Produktionsleitung: Frank Clifford. 
Administration: Georges Lampin.
Drehzeit: September - Oktober 1931. 
Drehort: Studios Tobis Epinay. Länge: 104 min / Deutsche Fassung: 96 min, 2638 m. Deutsche Zensur: 12.1.1932, B.30841, Jv. Uraufführung: 18.12. 1931, Paris (Ermitage); Deutsche Erstaufführung: 18.1.1932, Berlin (Mozartsaal). 

Der neue Film René Clairs ist eine Satire auf die Arbeitsverhältnisse der modernen technischen Zeit, eine liebenswürdige Satire auf die geheiligten Grundsätze der Arbeit, "durch die allein man frei wird", wie es einmal im Film heißt. Aber es ist, wenn man will, gar nichts davon, vor allem kein Tendenzfilm, sondern eine kluge, graziöse und lustige Fabel, in der einige menschliche und soziale Grundsätze von einem übermütigen und begabten Jungen auf verführerisch-selbstverständliche Weise in ein solches Licht gerückt werden, daß sie und wir selbst uns plötzlich komisch vorkommen und ... wir darüber lachen müssen.

Zwei Menschen wollen aus dem Gefängnis ausbrechen, aber nur einem, und zwar dem Lebenskräftigen gelingt es; dem gelingt noch viel mehr: er arbeitet und kommt rasch hoch, er wird Fabriksherr, ein großer und mächtiger Mann. Sein Kamerad ist das Gegenteil, ein Träumer; als er endlich aus der Zwangsarbeit entlassen wird und glaubt, nun wirklich frei zu sein, muß er sehen, daß man irgendwie immer wieder an ein Laufband gekettet wird und daß die ganze Welt ein großes Gefängnis ist, die Liebe einbegriffen. Die beiden Männer finden sich am Vorabend großer Ereignisse wieder: der eine soll am nächsten Tag eine neue Fabrik eröffnen, die ganz allein, ohne jeden menschlichen Arm arbeitet, das Ideal der Menschheit also; der Andere wartet auf das Ja-Wort seiner Angebeteten, auf den glücklichsten Moment seines Lebens. Sie sagt ja, aber zu einem anderen, und der Fabriksherr, der Beglücker der Menschheit, wird im historischen Augenblick als alter Ausbrecher von der Polizei erkannt. Der eine muß von seinem Reichtum, der andere von seiner Liebe lassen; sie flüchten zurück ins ungebundene Leben, jetzt erst wirklich frei. Der Schluß ist keine Apotheose, wie alles, was in diesem Film ernst sein könnte, und leicht ernsthaft, wie alles, was in ihm komisch ist.

Ein paar Unerbittliche werden mit dieser spielerischen Auffassung so ernster Probleme wegen ihrer "Oberflächlichkeit" vielleicht nicht einverstanden sein. Muß man ihnen erst sagen, daß es sich hier wirklich nicht um Frivolität der Gesinnung, sondern um eine durchaus ... philosophische, erlaubt ironische, weil menschliche Einstellung zum Leben handelt? René Clairs humorvolle Skepsis bedeutet nicht Mangel an Überzeugung, ist nicht billiges Ausweichen vor einem Ja oder einem Nein, es ist, wenn man will, eine Weltanschauung für sich, die Bejahung eines Talentierten, der lebensfroh und lachfroh am Rande der Zivilisation sitzt. Aus dieser Distanz gibt es mancherlei zu sagen, lauter ernste Dinge; daß René Clair es mit Humor und Grazie tut, dafür muß man ihm nur dankbar sein; denn die strengen Propheten waren immer ein wenig langweilig.
Der neue Film René Clairs ist ein Meisterwerk.

Was soll man - in einem Wort - anderes sagen? Man könnte hinzufügen, daß es ein Meisterwerk René Clairscher Filmkunst ist; denn sein Name ist heute, nachdem er einige Jahre Versprechung und Erwartung war, zu einem Charakteristikum, zu einem Begriff geworden. A NOUS, LA LIBERTÉ stellt eine Zusammenfassung, eine Steigerung dieses Begriffes dar. Was er mit sicherem Instinkt in den DÄCHERN VON PARIS versucht hat, um damit die Welt des großen Publikums zu erobern, was er dann mit der übermütigen Laune seines Talents, mit MILLION, unternahm, um sich und die anderen zu amüsieren, wird hier, in diesem neuen Film Vollendung. Von jedem Gesichtspunkt aus.
Die Materie ist endgültig besiegt; dem Bildhaften, als dem Element des Films, ist seine bedrohte Souveränität wiedergegeben, Ton und Sprechdialoge sind in ihre Schranken zurückgewiesen, sinnvoll unter die Hilfelemente eingeordnet worden. Im Vordergrund steht nur das Manuskript, will sagen, die Idee. Sie allein ist dem schöpferischen Menschen wichtig, weil er etwas zu sagen hat. Wieviel Filmautoren haben wirklich etwas zu sagen, wieviele dürfen, wenn sie es könnten, etwas sagen? Selbst die Besten sind an die Episode gebunden, immer wieder an die Episode, reichliche Ideen sind in Europa verboten, sie haben hinter den Kulissen zu bleiben. Und der europäische Film wird dabei immer abseitiger, immer ärmer ...
Denn der Filmautor von heute macht z.B. einen Film über "das Leben", in Wahrheit aber denkt er ganz anders über dieses Leben; er hat nichts mit dem gemeinsam, was er schreibt, das Geschriebene und das Gedachte sind zwei oft ganz verschiedene Dinge. Bei René Clair besteht, wie gesagt, dieser Unterschied nicht. Diese Einheit gibt ihm selbstverständlichen Stil, diese Einheit macht es, daß seine "gags" nicht zufällig gut, sondern eben selbstverständlich sind; denn sie fließen aus der einen Quelle seiner schöpferischen Natur. Er braucht deshalb zum Beispiel auch keine großen und berühmten Schauspieler, im Gegenteil, seine Ideen "tragen" hier den Schauspieler, und er macht auch etwas aus ihm, weil ja in jedem Menschen (sogar im Filmschauspieler) irgend etwas Persönliches, Einmaliges steckt, das zu erkennen und der Welt sichtbar zu machen allerdings der Begnadung einer wirklichen Persönlichkeit vorbehalten bleibt.

Was wir an seiner Art lieben, ist hier in ganz reifer Form vorhanden, ohne Wiederholung zu sein: die glückliche Mischung aus Realistik und ironischer Übertreibung: so ist sein szenemäßiger Aufbau, ganz filmisch, d.h. auf optische Wirkung gestellt, spielerisch und wirklich zugleich - und deshalb für alle Länder und alle Sprachen in dieser einen Fassung verständlich, eine geradezu ideale Lösung des Sprechfilmproblems! - so ist die Musik (von dem modernen Komponisten George Auric für René Clair geschaffen), witzig und geistreich, leicht und gefällig: übrigens ein Musterbild musikalischer Ergänzung; so sind die Dekorationen Lazare Meersons, des ältesten Mitarbeiters René Clairs, im gleichen Stil gewollter Selbstironie, bewußt mit Kitsch kokettierend, der etwas Rührendes und gleichzeitig symbolisch Wahres hat, und - reden wir einmal vom Filmgeschäft - schließlich auch den Vorzug besitzt, auf die großen primitiven Massen zu wirken, ohne Nebengedanken, und der einfach, als das, was er scheint, befriedigt. 

Diese scheinbare Zweideutigkeit des Stils und der Fabel ist - muß man das erst betonen? - keine billige Spekulation des Filmregisseurs; es ist die Eigenschaft des wirklich guten, künstlerischen Einfalls; Don Quichote entzückt die Komplizierten und begeistert die Schulknaben. Welche menschliche Gerechtigkeit liegt darin, daß im Film die Arbeiter nicht brotlos werden, trotzdem die neue Fabrik sie nicht mehr benötigt; denn der Held des Films schenkt ihnen diese Fabrik; dieser Akt muß dem Gemüt der großen Masse nahe gehen, denn er ist von der Einfachheit eines Märchens; und der andere Teil des Publikums, der nach verdächtigen Tendenzen schnuppert, kann sich damit beruhigen, daß der Mann, der dieses verdächtige soziale Geschenk macht, weniger aus Menschenliebe handelt als aus der Überlegung, daß er ohnedies verloren ist. Und trotzdem: die Lösung ist nicht "geschickt", sie ist natürlich, sie ist glücklich. Mit anderen Worten: der Film ist publikumsreif.

Es erscheint ungerecht, nicht von den Schauspielern zu sprechen, die hier Wertvolles leisten; aber ihre Namen bedeuten nicht einmal etwas für das französische Publikum; man wird sie noch kennen lernen, wie alle anderen Schauspieler, die unter René Clair begonnen haben.

Genannt werden müssen aber die anderen Mitarbeiter: an erster Stelle Hermann Sporr, der Tonmeister, der in der Ausrottung aller Nebengeräusche, in der Beherrschung der Technik kein Zuviel und kein Zuwenig kennt (Tobis-Klangfilm); die ebenbürtige Photographie (…).

ES LEBE DIE FREIHEIT ist der schönste Film der französischen Produktion. Er wird in diesem Jahre ein Filmereignis Europas sein. 

Paul Medina, 
Film-Kurier, Nr. 297, 19.12.1931


1932/33.

Die Abenteuer des Königs Pausole / 
König Pausole.

Regie: Alexis Granowsky. 
Buch, Dialog-Regie: Fernand Crommelynck; nach dem Roman "Les aventures du roi Pausole" (1901) von Pierre Louys. 
Dialoge: Ernst Toller. 
Kamera: Rudolf Maté, Hans Nekut. 
Bauten: Marcel Vertès, Pierre Schild. 
Kostüme: Marcel Vertès. 
Maske: Paul Dannenberg. 
Schnitt: Paul Falkenberg, Paul Salten. 
Ton: Hermann Storr. 
Regie-Assistenz: Leonid Asarch. 
Musik: Karol Rathaus. 
Lied-Texte: Hans Wilstatt, Walter Mehring. 
Musik-Titel: "Hörst Du, wie leise der Nachtwind rauscht?", "Von Dir hab ich geträumt". 
Darsteller: Emil Jannings (König Pausole), Josette Day (Prinzessin Aline), Sidney Fox (Diana), José Noguéro (Giglio, Flieger), Armand Bernard (Texis, Kanzler), Rachel Devirys (Perchuque, Obergouvernante), Grazia del Rio (Fanette), Gina Guggiari (Mirabelle, Alines Freundin), Nane Germon (Nicole), Vera Baranowskaja (Erste Gouvernante), Simone Bourday (Thierrette), Micheline Bernard, Jeanne Boyer, Jacqueline Daix, Carla Darcy, Andrée Lorraine, Lucienne Le Marchand, Marthe Riche, Loulou Rex, Monique Simon, Mlle. Vigouroux (Königinnen). 
Produktion: Tobis-Sascha Film-Industrie GmbH, Wien / Société Algra Serpic, Paris. Produktionsleitung: Mark Asarow. 
Drehzeit: September - Ende November 1932 (Atelier Wien), Mitte Dezember 1932 (Atelier Paris). 
Drehort: Tobis-Sascha-Atelier Wien-Sievering, Studios Billancourt Paris; Außenaufnahmen: Cap Antibes, Französische Riviera. Länge: 80 min, 2200 m. Uraufführung: 1.9.1933, Wien. 
- In Deutschland nicht zugelassen.
- Französische Version: Les aventures du roi Pausole.
- Englische Version: The Merry Monarch.

Ein erstaunliches Freskenbild - oder, genauer gesagt: ein unter freiem Himmel, unter einer schönen Sommersonne aufgenommenes Varieté. Das ist bereits etwas - zumindest für uns, die wir vom Bau sind und die bescheidene Meinung vertreten, ein wenig vom Geschäft zu verstehen. Um die Wahrheit zu sagen, handelt es sich um einen undefinierbaren Film, der sich jeder Einordnung entzieht, zu keiner Gattung und vordefiniertem Genre gehört. Mit einer Beurteilung tun wir uns so schwer wie ein Naturalist vor einem unwahrscheinlich aussehenden Geschöpf, das dennoch zahlreiche Anknüpfungspunkte mit allseits bekannten Tieren hat. Diejenigen, die das Buch von Pierre Louys nicht kennen, finden hier gewiss eine ganz hervorragende Unterhaltung. Die anderen - von denen es mehr geben dürfte als wir annehmen - werden aber mit der gleichen Gewißheit ziemlich enttäuscht sein. Wenn ich von Enttäuschung spreche, möchte ich aber nicht missverstanden werden. Ich beziehe mich hier nur auf das Gebiet der Literatur. Denn selbstverständlich urteilt der Zuschauer, sobald es sich um eine "kinematografische Angelegenheit" handelt, vollständig unabhängig davon. Dieser Film ist erholsam und hierin liegt eine der Besonderheiten von Granowskys Kunst. Wie die meisten modernen Künstler begnügt sich Granowsky mit Andeutungen, ohne sich mit Definitionen abmühen zu wollen. Das ist übrigens auch besser so. 
So weit, so gut. Sieht man nun den Film, den er nach dem Buch von Pierre Louys gedreht hat, kann man ernsthaft annehmen, dass er es überhaupt nicht verstanden hat. Allerdings, wenn man nachdenkt - und den Regisseur kennt - kann sich dieses Urteil verflüchtigen. Granowsky ist nicht nur ausgesprochen klug und verfügt über einen sehr sicheren Geschmack, sondern er beherrscht auch hervorragend sein Handwerk. Er hat dies übrigens vielfach beweisen - und sei es nur mit DIE KOFFER DES HERRN O. F. und erneut mit DIE ABENTEUER DES KÖNIGS PAUSOLE. 
Es handelt sich um eine Folge von sehr schönen, angenehm anzusehenden Bildern, in denen auch die Bewegung nicht fehlt, in denen sogar reichlich Bewegung vorhanden ist. Man könnte sogar sagen, dass es etwas zuviel davon gibt. Aber das wäre dann doch ein schlecht begründeter Vorwurf, denn Film = Bewegung. Das Ballett ist schlicht und einfach gesagt ein Erfolg. Es ist visuell, vor allem weil die Musik von Rathaus eigentlich nicht mikrophongerecht ist. (...) Die Handschrift müßte durchsichtiger sein und vor allem weniger dicht in den Bässen.

J.-P. Courisson,
Ciné-Comoedia, Nr. 2684, 14.12.1933 
(Übertragung: Jeanpaul Goergen)


1937/38.

 
Es leuchten die Sterne.

Regie, Buch: Hans H. Zerlett. 
Kamera: Georg Krause. 
Kamera-Assistenz: Felix Nerlich. 
Standfotos: Heinz Ritter. 
Bauten: Karl Machus, Bruno Monden. 
Gesamtausstattung: Benno von Arent. 
Requisiten: Fritz Bollenhagen, Georg Meier, Fritz Kelch. 
Kostüme: Maria Pommer-Pehl. Garderobe: Walter Brunck, Marie-Luise Arndt. Maske: Alfred Lehmann, Frieda Lehmann. 
Schnitt: Ella Ensink. Regie-Assistenz: Alfons von Plessen, Max W. Kimmich. 
Ton: Hans Rütten. 
Musik, Musikalische Leitung: Leo Leux. 
Musikeinlagen: Paul Lincke, Matthias Perl, Ernst Kirsch, Franz R. Friedl. 
Lied-Texte: Hans Hannes [= Hans H. Zerlett], Bruno Balz. 
Musik-Titel: "Es leuchten die Sterne" (Leux / Hannes, Balz), "Das ist Berlin" (Leux / Hannes, Balz), "Kleine Mama" (Leux / Hannes, Balz), "Nacht muß es sein" (Kirsch / Hannes, Balz), "Die Sonne hat's gut gemeint" (Leux / Hannes, Balz), "Haben Sie den neuen Hut von Fräulein Molly schon geseh'n?" (Leux / Hannes, Balz). 
Choreografie: Anthony Nellé.
Darsteller: Ernst Fritz Fürbringer (Hans Holger, Filmregisseur), La Jana (Tänzerin), Paul Roschberg (Tänzer), Vera Bergmann (Carla Walten, Komparsin), Fridjof Mjen (Werner Baumann, Komparse), Carla Rust (Mathilde Birk), Rudi Godden (Knutz, Aufnahmeleiter), Paul Verhoeven (Gebauer, sein Assistent), Rose Rauch (Sängerin), Elisabeth Wendt (Schauspielerin Marven), Karl Stepanek (Oberbeleuchter Brandt), Else Elster (Frau Knutz), Eva Tinschmann (Frau Bökelmann, Garderobiere), Horst Birr (Kameramann Kruse), Arthur Schröder (Direktor), Hermann Pfeiffer (Produktionsleiter), Rosita Serrano (spanische Sängerin), Hansjakob Gröblinghoff (Kameraassistent), Rudolf Schündler (Versicherungsmann), Erwin Biegel (Kellner), Erika Steenbock (Ella, Komparsin), Heinz Piper (Textdichter), Kurt Mikulski (Böckelmann, Maskenbildner), Ursula Deinert, Ellen Gutschmidt, Helen Burley, Fred Becker, Geschwister Höpfner, Rolf Hiller-Ballett, Dagenham-Girl Pipers; 
sowie die Tobis-Stars : Willi Forst, Luis Trenker, Georg Alexander, Lil Dagover, Karl Ludwig Diehl, Käthe Dorsch, Gustav Fröhlich, Heinrich George, Paul Hartmann, Ruth Hellberg, Käthe Hildebrand, Paul Hörbiger, Jupp Hussels, Jenny Jugo, Paul Kemp, Wolfgang Liebeneiner, Harry Liedtke, Theo Lingen, Albert Matterstock, Irene von Meyendorff, Hans Moser, Anny Ondra, Harald Paulsen, Johannes Riemann, Ralph Arthur Robert, Sybille Schmitz, Hans Söhnker, Albrecht Schoenhals, S. O. Schöning, Olga Tschechowa, Luise Ullrich, Grethe Weiser, Ida Wüst, sowie Max Schmeling, Rudolf Caracciola, Manfred von Brauchitsch, Hermann Lang, Leo Leux, Paul Linke. 
Produktion: Tobis-Filmkunst GmbH, Berlin; Herstellungsgruppe Helmuth Schreiber. Produktions-Assistenz: Carl W. Tetting. Aufnahmeleitung: Veit Massary, Rudolf Fichtner, Fritz Brix, Ernst Braun. 
Drehzeit: Ende November 1937 - Ende Januar 1938. 
Drehort: Tobis-Atelier Berlin-Johannisthal. Länge: 100 min, 2735 m. Zensur: 16.3.1938 B. 47886, Jv. 
Uraufführung: 17.3.1938 Berlin (Capitol). 

Ein Versuch, für den deutschen Revue-Film eine Bresche zu schlagen. Unternommen mit großen Mitteln! Ein beispielloses Angebot bekannter Starnamen und Sportgrößen gibt dem Film neben seiner glanzvollen Ausstattung einen anspruchsvollen Rahmen. Da diese Prominenten zur skizzierenden Andeutung des Filmmilieus, in dem der Film spielt, nur in kleinen Rollen eingesetzt wurden, war es für den Autor und Regisseur Hans H. Zerlett keine leichte Aufgabe, diese Einzelgestalten zwanglos in den Gesamtkomplex einzugliedern. Zum Teil ist dies gut gelungen, zum Teil (zum Beispiel bei den Rennfahrern) nicht so selbstverständlich, wie man es sich gedacht hatte.
Der Film beginnt vielversprechend. Eine Stenotypistin im Reich liest eine illustrierte Filmzeitschrift, und vor ihrer blühenden Phantasie ersteht die Welt des Films in berückenden Revue-Bildern, in denen sie selbst als Star aufmarschiert, und sie beschließt, Schluß mit ihrem bisherigen Beruf zu machen und nach Berlin zu gehen, um dort Filmschauspielerin zu werden. Und schon blendet Berlin auf, das die hoffnungsvolle Filmaspirantin in der rosigsten Laune sieht. Ein wirklich guter Regie-Einfall, ganz Berlin singen zu lassen: "Das ist Berlin, Berlin, die ewig junge Stadt" ...in der Straßenbahn, auf dem Autobus, die Liebes-pärchen im Tiergarten, die Straßenjungens und hoch vom Dach der Schornsteinfeger singen es, zum Schluß marschiert die Wache Unter den Linden nach diesen Klängen auf und die ganzen Zuschauer singen mit ...

Dann folgt die Ernüchterung im Filmbetrieb, wo die kühnen Vorstellungen der Stenotypistin eine kalte Dusche erhalten. Als Komparsin muß sie klein von unten auf anfangen. Als eine günstige Gelegenheit zu avancieren sich bietet, wird eine Kollegin aus der namenlosen Komparserie engagiert, die als Ersatz für eine gealterte bekannte Schauspielerin einspringen muß. Das Schicksal der über Nacht zur Hauptrolle aufgestiegenen Komparsin flicht sich nun als roter Faden durch die revueartig aneinandergereihten Bilder, die teils im engen, teils in sehr lockerem Zusammenhang mit dem Filmmilieu die fieberhafte Tätigkeit und den dekorativen Aufwand einer Filminszenierung illustrieren.

An Revuehandlungen pflegen keine großen Ansprüche gestellt zu werden. Aber so viel darf man hier doch im Hinblick auf die Entwicklung des Schicksals der Komparsin sagen, daß die psychologische Motivierung und Lösung des Konflikts, zu dem es zwischen ihr und ihrem bisherigen Verlobten, ebenfalls einem Komparsen, kommt, nicht ganz befriedigt. Denn welches Recht hatte der Regisseur, auf dem Filmball die arrivierte Hauptdarstellerin ihrem Verlobten vorzuenthalten, und wie vertragen sich die anfänglichen Treuebeschwörungen dieser zu Ansehen gekommenen Komparsin ihrem Verlobten gegenüber mit der Betrübnis, die sie später zeigt, als ihr der Regisseur in einer stillen Stunde beichtet, daß er sie nicht lieben könne, da er im Grunde seines Herzens in den Filmberuf verliebt sei? -
Was sich um den Schicksalsweg der Komparsin überwuchernd an Revuebildern rankt, ist von bisher in deutschen Revue-Filmen nicht gesehener dekorativer Großartigkeit. Prof. Benno von Arent, in dessen Händen die Gesamtausstattung lag, schuf mit verschwenderischer Phantasie märchenhafte Kostüme und Dekorationen. Wenn auf einer Himmelsbahn zu den Sternen historische Gestalten von der ägyptischen Nofretete über die römischen Gladiatoren und deutschen Landsknechte bis zu Münchhausen, der auf einer fliegenden Kugel dahergerast kommt, und Struwwelpeter und Max und Moritz und den Karl-May-Indianern vorüberziehen, dann klingt spontaner Beifall auf. So auch bei den vielen Tänzen, die Anthony Nellé, aus den großen Tanz-Inszenierungen der "Scala" her bekannt, mit Geschmack und Verve inszenierte. (…)

Es gibt in dem Film ungeheuer viel zu sehen. Eine sinnenfrohe Lebensfreude spricht aus den Tanzbildern. Man hat selten so viel schön gewachsene und verführerisch gekleidete Tänzerinnen in einem Film beisammen gesehen. Nach den flotten Rhythmen der Musik von Paul Lincke, Matthias Perl, Ernst Kirsch und Franz R. Friedl, zieht der wirbelnde Reigen der Revuebilder vorüber. Die beschwingte musikalische Gesamtleitung hatte Leo Leux.

Es wäre dramaturgisch richtiger gewesen, dem Chanson, wegen dessen Wiedergabe an einer entscheidenden Stelle des Films die Komparsin die Hauptrolle erhält, keinen elegischen Charakter, sondern einen zündenden Schlager-Rhythmus zu geben, da sich damit der bravouröse Durchbruch der Nachwuchsschauspielerin und Sieg über die gealterte Schauspielerin, die durch sie ersetzt wird, wirksamer hätte unterstreichen lassen. Es heißt doch vorher, daß man eine tänzerisch begabte, junge Kraft mit sprühendem Temperament brauche, Anforderungen, denen die sonst begabte, aber dafür zu alte, ursprünglich vorgesehene Hauptdarstellerin nicht gewachsen sei. Dann aber wird als Bewährungsprobe ein herbstlich elegisches Chanson gesungen, für das die gealterte Darstellerin im Grunde geeigneter hätte sein müssen als die junge Anfängerin. Hier liegt also ein gewisser Bruch. An dieser Stelle hätte ein frisches, flottes Schlagermotiv zur Charakterisierung der durchbrechenden tanzfrohen Jugend einsetzen müssen. Dann wäre die Zurückstellung der gealterten Schauspielerin vor der jungen begründet gewesen.
Und wie die Musik, so war auch temperamentsmäßig als Typ der nach vorn kommenden Nachwuchsschauspielerin Vera Bergman nicht charakteristisch genug gewählt. Sie wirkt zu verhalten in ihrem Spiel und hatte daher ihre stärksten Momente in den resignierten Szenen. Da sie auch keine besonderen tänzerischen Leistungen, von denen vorher die Rede war, nachher bietet, überzeugte es nicht ganz, daß gerade diese Schauspielerin, die im übrigen teilweise nicht gut geschminkt schien, die Hauptrolle in dem in Frage stehenden Film, der hier im Film gedreht wird, erhielt. (...)

G. Schwark, 
Film-Kurier, Nr. 77, 18.3.1938


1939. 

Robert Koch, der Bekämpfer des Todes.

Regie: Hans Steinhoff. 
Buch: Walter Wassermann, C. H. Diller [= Lotte Neumann]; 
nach einer Idee von Paul Josef Cremers, Gerhard Menzel. 
Kamera: Fritz Arno Wagner. Kamera-Assistenz: Karl Plintzner. Standfotos: Richard Wesel. 
Bauten: Emil Hasler (Gesamt-Ausstattung), Fritz Lück, Heinrich Weidemann. 
Requisiten: Johannes Vonberg (außen), Georg Hirsch, Fritz Pfotenhauer (innen). 
Kostüme: Arno Richter. 
Maske: Atelier Jabs. 
Garderobe: Johannes Krämer, Vinzens Stams, Frieda Stahl. 
Schnitt: Martha Dübber. 
Ton: Hans Grimm. Regie-Assistenz: Rudolf Hilberg. 
Musik: Wolfgang Zeller. Wissenschaftliche Bearbeitung: Dr. Hellmuth Unger. 
Darsteller: Emil Jannings (Dr. Robert Koch), Werner Krauß (Geheimrat Rudolf Virchow), Viktoria von Ballasko (Schwester Else), Raimund Schelcher (Dr. Fritz von Hartwig), Hildegard Grethe (Emmy, Kochs Gattin), Theodor Loos (Dr. Georg Gaffky), Otto Graf (Dr. Friedrich Löffler), Peter Elzholtz (Dr. Karl Wetzel), Josef Sieber (Göhrke, Waldhüter), Hilde Körber (seine Frau), Bernhard Minetti (Sprecher der Gesundbeter), Rolf Prasch (Kaiser Wilhelm I.), Paul Bildt (Baron von Kossin), Elisabeth Flickenschildt (seine Frau), Paul Dahlke (Lehrer), Paul Otto (Landrat von Hartwig), Rudolf Klein-Rogge (Rechnungsrat), Walter Werner (Stübecke, Amtsdiener), Jakob Tiedtke (Michalke, Amtsdiener), Friedrich Otto Fischer (Bismarck), Karl Haubenreißer (Direktor der Charité), Eduard von Winterstein (Prof. von Bergmann), Lucie Höflich (Frau Paul, Patientin), Karl Hannemann (Viehhändler), Bernhard Goetzke (Netschmann, Patient), Karl Platen (Kruhlke), Walter Schramm-Duncker (Aktenhefter), Gertrud Wolle, Charlotte Schultz (2 Reinemachefrauen), Fred Köster, Leopold von Ledebur (2 Reichstagsdiener), Josef Reithofer, Paul Hildebrandt (2 Assistenzärzte), Karl Wagner (Menzel), Werner Pledath, Franz Stein, Gaston-Georg Gartz, Werner Funck, Klaus Pohl, Karl Kahlmann, Kurt Felden, Alfred Heynisch, Wilhelm Egger-Sell, Paul Rehkopf, Robert Forsch, Kurt Herrmann (Professoren und Wissenschaftler im Pathologischen Institut), Hubert von Meyerinck (Graf, Fähnrich), Herbert Gernot, Werner Schott (2 Ärzte), Ernst Dernburg, Erich Dunskus, Carl Jönsson, Willy Kaiser-Heyl, Philipp Manning, Egon Vogel (6 Mitglieder der Berliner Fakultät), Auguste Wanner-Kirsch (Patientin), Charlie Berger, Fritz Draeger, Max Harry Ernst, Jens von Hagen, Elisabeth von Ruets, Ferdinand Robert (6 Gäste beim Hofball), Walther Bechmann, Karl Heidmann (2 Gesundbeter), Maria Hofen (Gesundbeterin), Alfred Karen (Uniformierter beim Empfang des Kaisers), Heinz Müller (Mann am Stammtisch), Walter Brückner, Paul Luka, Max Vierlinger. 
Produktion: Tobis-Filmkunst GmbH, Berlin. Produzent: Emil Jannings. Produktionsleitung: Karl Julius Fritzsche. 
Stellvertretende Produktionsleitung: Gustav Rathje. Produktions-Assistenz: Rudolf Külüs. Aufnahmeleitung: Otto Jahn, Erich Roehl. 
Drehzeit: 20.3. - Mitte Juni 1939. 
Drehort: Tobis-Atelier Berlin-Grunewald, EFA-Atelier Berlin-Halensee, Tobis-Atelier Berlin-Johannisthal (Freigelände); 
Außenaufnahmen: Berlin. Länge: 115 min, 3169 m. 
Zensur: 12.8.1939, B.51973, Jf. / DP: 1942.12.19, B.57974, Jf. / FSK: 13.3.1950, 1008S, Jf. 12; 19.12.1962, 1008b, Jf. 12; 10.11.1971, 1008d, Jf. 12. 
Uraufführung: 8.8.1939, Venedig (VII. Biennale); 
Deutsche Erstaufführung: 26.9.1939, Berlin (Ufa-Palast am Zoo). 
- Prädikat: Staatspolitisch und künstlerisch besonders wertvoll; kulturell wertvoll; volkstümlich wertvoll; jugendwert. 
- IFF Venedig 1939: 1. Preis.

Gestern fand die festliche deutsche Erstaufführung des in Venedig mit so großem Erfolg uraufgeführten Robert Koch-Films der Tobis im Berliner Ufa-Palast am Zoo statt. Auf der Bühne war die Büste des großen deutschen Forschers und Arztes aufgestellt worden, und die Staatskapelle unter Stabführung von Staatskapellmeister Prof. Robert Heger spielte einleitend die machtvolle Leonoren-Ouvertüre von Beethoven. Dann lief der große, packende Film, der dem Forscher Robert Koch und seiner wissenschaftlichen Tat, darüber aber hinaus auch dem großen Menschen ein würdiges Denkmal setzt. (...)
Der Film will kein in allen Einzelheiten biographisch getreues Abbild vom Leben Robert Kochs geben. Es kam darauf an, die große Linie des Lebenskampfes dieses genialen Forschers, seine zähe Beharrlichkeit und seinen Arbeitsfanatismus allen Schwierigkeiten gegenüber dramatisch herauszuarbeiten. Das ist gelungen. Die Dramatik dieses sehr deutschen Forscher-Schicksals bewegt sich allerdings nicht in großen, äußerlich stark in Erscheinung tretenden Aktionen, sondern beruht mehr in der Stille zähen Arbeitseinsatzes einer in sich versponnenen, schlichten Gelehrten-Natur. Die Konflikte ergeben sich aus dem Widerstand und Widerspiel seiner Frau, engstirniger Sektierer, rückschrittlicher Bürokraten-Naturen und voreingenommener Wissenschaftler. Der Gegensatz zwischen Robert Koch und der damals führenden medizinischen Koryphäe Virchow spitzt sich mit zunehmender Spannung am Schluß zu der dramatischen Begegnung der beiden Männer zu.
Die gänzlich untheatralische Gestalt Robert Kochs, die nach außen hin wenig Aufhebens von sich selber macht, der es einzig und allein um das Werk geht, um die Entdeckung des Tuberkel-Bazillus, an der er seine Lebensarbeit verschwendet, bestimmt den ruhigen, nichtsdestoweniger eindringlichen Rhythmus des filmischen Bewegungsablaufs. Die Regie Hans Steinhoffs hat bewußt die stille Intensität dieses Lebens und damit den Inhalt des Films mit der Form der Gestaltung in Einklang gebracht. In liebevoller Kleinmalerei - gründlich wie Koch selber war - schildert die Kamera Fritz Arno Wagners mit oft balladesker Eindringlichkeit die einzelnen Phasen der Experimentierarbeit, der unermüdlichen Mikroskop-Beobachtungen und das Reifen der wissenschaftlichen Untersuchungen bis zur Entdeckung des Tuberkel-Bazillus. Mit realistischer Kompromißlosigkeit wird die medizinische Arbeit und die ärztliche Praxis so wiedergegeben wie sie ist, mit Todesfällen, Sezierungen und Leichen.

Von der Landarzt-Tätigkeit Robert Kochs in Schlesien wechselt der Schauplatz nach Berlin, wohin Robert Koch berufen wird und wo er schließlich den großen Triumph seiner Arbeit erlebt, daß sein langjähriger Gegner Rudolf Virchow seine Entdeckung anerkennt. Der Zeichnung des ländlichen Milieus weiß die Regie Hans Steinhoffs ebenso echte Atmosphäre zu geben, wie sie in die Zeit des Berliner Wirkens von Robert Koch glanzvolle Hoffestlichkeiten und einen bewegten Ausschnitt aus einer damaligen Reichstagssitzung mit einer Rede Bismarcks farbig einblendet. Während der erste Teil des Films durch ein paar humorvolle Akzente aufgelockert ist, vermißt man fast im zweiten Teil, der durch den etwas überraschenden Tod von Kochs Assistenten umdüstert wird, einige hellere Lichter.
Außer Hans Steinhoffs packender Gesamtgestaltung, die er wirksam zu steigern versteht und den Konflikt zwischen Robert Koch und Rudolf Virchow mit zwingender Dynamik herausarbeitet, ist seine großartige Schauspielerführung anzuerkennen. An der Spitze der Darsteller, die dem Film ihren Stempel aufdrücken, stehen Emil Jannings und Werner Krauß. Jannings fügt mit der Robert-Koch-Rolle eine neue, starke Charaktergestalt zu seinen bisher von ihm verkörperten eigenwilligen Persönlichkeiten. Er zeigt ein rührend väterliches Herz als Landarzt, wenn er den trauernden Eltern Trost zuspricht. Er verkörpert den fanatischen Arbeitswillen des deutschen Forschers. In seinen manchmal fast wehmutsvoll verlorenen Blicken spiegelt sich die stille Tragik des Verkanntwerdens und die prophetische Schau des Ziels, dessen Erreichung ihm Lebensaufgabe geworden ist. Ein schöneres Denkmal konnte dem leuchtenden Vorbild des deutschen Ärztestandes nicht gesetzt werden.

Fast gespenstisch erscheint neben der schlichten Vitalität von Emil Jannings die Maske, die Werner Krauß als Virchow angenommen hat. Ein gebeugtes Männchen mit Fistelstimme und Trippelgang, dessen wissenschaftliche Abgeklärtheit sich zunächst unnahbar den neuen Erkenntnissen Kochs verschließt. Man begreift, welche Selbstüberwindung es ihn kostet, seine These, auf der sich die Überzeugung eines Lebens aufbaute, zugunsten der Erkenntnisse eines Jüngeren aufzugeben. Werner Krauß hat mit dieser Rolle seine bisher stärkste filmische Leistung gegeben. Hans Steinhoff verstand es, diesen großen Bühnendarsteller endlich einmal mit der gleichen Wirksamkeit dem Film dienstbar zu machen.
Für die Frau Robert Kochs, die trotz des Unverständnisses für die selbstlose Arbeit ihres Mannes nicht liebevoller Züge entbehrt, weckt Hildegard Grethe Verständnis. (...)

Günther Schwark, 
Film-Kurier, Nr. 225, 27.9.1939


1940/41. 

Ohm Krüger.

Regie: Hans Steinhoff; Mitarbeit: Herbert Maisch, Karl Anton. 
Gesamtleitung: Emil Jannings. Buch: Harald Bratt, Kurt Heuser; unter freier Benutzung von Motiven aus dem Roman "Mann ohne Volk" von Arnold Krieger. 
Kamera: Fritz Arno Wagner. Mitarbeit bei Außenaufnahmen: Friedl Behn-Grund, Karl Puth. Standfotos: Richard Wesel. Bauten: Franz Schroedter. Kostüme: Herbert Ploberger. Schnitt: Hans Heinrich, Martha Dübber. Ton: Hans Grimm. Musik: Theo Mackeben. Lied-Texte: Hans Fritz Beckmann, Günther Schwenn. Musik-Titel: "Burenland ist freies Land", "Das macht das Klima von Paris". Choreografie: Hanns Gérard.
Darsteller: Emil Jannings (Paul Krüger), Lucie Höflich (Sanna Krüger, seine Frau), Werner Hinz (Jan, beider Sohn), Ernst Schröder (Adrian, beider Sohn), Gisela Uhlen (Petra Krüger, Jans Frau), Friedrich Ulmer (Joubert, Generalkommandant der burischen Armee), Eduard von Winterstein (Cronje, Kommandant der burischen Armee), Hans Adalbert von Schlettow (de Wett, Kommandant der burischen Armee), Fritz Hoopts (Colson, Feldkornett), Max Gülstorff (Reitz, Staatssekretär), Walter Werner (Kock, Abgeordneter des Volksrates), Elisabeth Flickenschildt (Frau Kock), Hedwig Wangel (Königin Victoria von England), Alfred Bernau (Prinz von Wales, ihr Sohn), Gustaf Gründgens (Chamberlain), Ferdinand Marian (Cecil Rhodes), Flockina von Platen (Flora Shaw, eine Agentin), Karl Haubenreißer (Dr. Jameson), Franz Schafheitlin (Kitchener, Generalstabschef der südafrikanischen Armee Englands), Otto Wernicke (Kommandant des Konzentrationslagers), Hans Herrmann-Schaufuß (Militärarzt), Karl Martell (englischer Offizier), Walther Suessenguth (Sergeant), Hilde Körber (Burenfrau), Louis Brody (Häuptling Lobenguela), Hans Stiebner (Reporter), Harald Paulsen, Otto Graf, Paul Bildt (Minister des Äußeren), Armin Schweizer (Empfangschef), Rudolf Blümner (Professor). - Ferner wirken mit: Werner Pledath, Friedel Heizmann, Ernst Dernburg, Georg Heinrich Schnell, Gertrud Wolle, Gerhard Bienert, Wolfgang Lukschy, Aribert Grimmer, Theodor Thony, Werner Stock, Erich Hecking, Paul Rehkopf, Viktor Gehring, Käte Jöken-König, Arthur Reinhardt, Charlotte Vetrone, Willy Grunwald, Astrid Seiderer, Ingeborg Johannsen, Joe Münch-Harris, Ferdinand Terpe, Josef Dahmen, Wolf Trutz, Walter Schramm-Duncker, Jack Trevor, Heinrich Schroth, Louis Ralph, Josef Reithofer, Ballett des Theaters am Nollendorfplatz.
Produktion: Tobis-Filmkunst GmbH, Berlin; Herstellungsgruppe Fritz Klotzsch. Produzent: Emil Jannings. Mitarbeiter im Aufnahmestab: Walter Zeiske, Rolf Geile, Alfred Arbeiter, Karl Heinz Bock, Roland von Rossi, Rudolf Külüs. Drehzeit: 21.10.1940 - März 1941. Drehort: Tobis-Atelier Berlin-Grunewald, EFA-Atelier Berlin-Halensee; Außenaufnahmen: u.a. Genf. Länge: 132 min, 3620 m. Zensur: 2.4.1941, B.55316, Jf.14. Uraufführung: 4.4.1941, Berlin (Ufa-Palast am Zoo). 
- Prädikate: "Film der Nation"; Staatspolitisch und künstlerisch besonders wertvoll; Kulturell wertvoll; Volkstümlich wertvoll; Volksbildend; Jugendwert.
- Ehrenring des deutschen Films an Emil Jannings. 
- IFF Venedig 1941: Coppa Mussolini (bester ausländischer Film).
- Von den Alliierten Militärregierungen verboten.

Gestern gelangte im Rahmen einer Festvorstellung im Berliner Ufa-Palast am Zoo der Emil-Jannings-Film der Tobis OHM KRÜGER zur Uraufführung. Ein Film wurde aus der Taufe gehoben, der ein künstlerisches Meisterwerk darstellt. Emil Jannings als künstlerischer Oberleiter und Darsteller der Titelrolle, sowie Hans Steinhoff als Regisseur sind die Gestalter des gewaltigen Werkes, dessen monumentale Bildsprache und ideeller Gehalt packten und erschütterten. Am Beispiel der Burenkriege wird Englands Unterdrückungspolitik schonungslos entlarvt. Der Film erhebt Anklage gegen den Weltfeind von einst und heute. 

Der Bedeutung dieses einzigartigen Großfilms entsprechend, wohnten der Festaufführung zahlreiche führende Männer von Staat, Partei und Wehrmacht bei, ferner Vertreter des künstlerischen Lebens, insbesondere Schauspieler von Film und Bühne. Den Schirmherrn des deutschen Films, Reichsminister Dr. Goebbels, sah man unter den Ehrengästen. Nach dem Ablauf der Wochenschau spielte das Berliner Philharmonische Orchester unter Leitung von Generalmusikdirektor Prof. Hans Knappertsbusch "Les Préludes" von Liszt. Diese strahlende Paraphrase auf ein Heldenleben leitet zu dem Filmwerk kraftvoll über, das mit atemloser Spannung aufgenommen wurde.
Langanhaltender Beifall, der zu Ovationen anschwoll, als sich am Schluß Emil Jannings mit Hans Steinhoff und anderen Mitwirkenden auf der Bühne zeigten, wurde dem Film zuteil.

"Lieber tot, als Sklave!" nach diesem niederdeutschen Bauerngesetz sind die Buren einst gegen Englands Übermacht angetreten. Und ihr letzter Präsident, der den Kampf bis zum bitteren Ende an ihrer Spitze focht, ist zum Mythos völkischen Freiheitswillens geworden. Sein Bild lebt in der Erinnerung fort als Symbol bäuerlicher Urkraft, die die Entscheidung auf Leben und Tod nicht scheut, wenn die Selbständigkeit des Landes bedroht ist.
Zwar blieb dem Burenvolk der Endsieg versagt. Aber sein mutiges Beispiel lebt fort in unseren Tagen, da das junge Europa gegen die Unterdrückung desselben Feindes mit stärkeren Kräften angetreten ist, um siegreich zu vollenden, was als heiliger Glaube und trotziger Wille einst mit den Fahnen der Buren schwang.

Es bedurfte des Erlebnisses unserer Zeit, um sich der Größe des Kampfes der Buren und der Heimtücke ihres übermächtigen Gegners bewußt zu werden, um das Gleichnishafte der Freiheitsidee, die hinter der mythischen Gestalt Ohm Krügers fanalartig lodert, als Verpflichtung zu begreifen, als Verpflichtung auch für den Künstler, der sich dem Volksheros nachgestaltend nähert, um dem Sinn seines Kampfes sichtbaren Ausdruck zu verleihen, um durch seinen Schatten das Gewissen der Welt aufzurufen.
Dem größten lebenden Schauspieler der Welt, Emil Jannings, wurde die künstlerische Aufgabe zuteil, den Mythos "Ohm Krüger" in der fortwirkenden Kraft und Größe seines Freiheitswillens und Freiheitskampfes Millionen und aber Millionen von Menschen zum Erlebnis werden zu lassen. Jannings packte die hohe Aufgabe so an, wie sie jeder Künstler von genialer Intuition, sei er nun Maler oder Bildhauer, angepackt hätte, er griff zu den monumentalsten Ausdrucksformen.
So entstand ein Film, der, allein was das äußere Aufgebot der finanziellen, technischen und darstellerischen Mittel betrifft, alles andere in den Schatten stellt, was bisher an einen deutschen Film gewendet wurde. 230 Tage haben Emil Jannings und seine Mitarbeiter im Atelier und auf dem Gelände gearbeitet. Rund 40000 Menschen haben in diesem Fim vor der Kamera gestanden. (...) 

Im klaren und wirksamen Aufbau wird mit dramatischer Zuspitzung der Tragödie zum Schluß hin das Burenschicksal entrollt. Es beginnt mit den Landkäufen durch den englischen Minenfürsten Cecil Rhodes in der Nähe von Johannesburg in Buren-Transvaal. Unruhen werden von den Engländern im dortigen Gebiet unter den Eingeborenen angezettelt. Einen Agenten Cecil Rhodes' ertappt man bei der Einschmuggelung von Waffen. Bevor zur offenen Anwendung von Gewalt übergegangen wird, versucht die englische Queen und ihr Minister Joe Chamberlain Ohm Krüger zu übertölpeln. Man lädt ihn nach London zur Unterzeichnung eines Freundschaftsvertrages ein. Ohm Krüger kommt und unterschreibt.

Seiner Bauernschläue ist es aber gelungen, die Engländer hinsichtlich der Auswirkung dieser Abmachungen hereinzulegen. Als England erkennt, daß es den kürzeren zieht, erfolgt die Kriegserklärung. Die Engländer erleiden in den ersten Kämpfen Niederlagen. Der Krieg zieht sich in die Länge, die Buren sind nicht klein zu kriegen. Da greift Britannien zu brutalen Mitteln. Kitchener wird als Generalstabchef der südafrikanischen Armee Englands eingesetzt. Er läßt die Farmen der Buren verbrennen und ihre Frauen und Kinder in Konzentrationslager sperren. Vergeblich ist der Versuch Ohm Krügers, auf einer Europareise Hilfe für sein Volk zu finden. So nimmt das Burenschicksal sein trauriges Ende.

Der Film wächst über das Persönlich-Biographische der Ohm-Krüger-Gestalt hinaus. Er zeigt die Einheit von Führer und Volk als Widerstandsblock gegen die skrupellosen Unterdrückungsmethoden Großbritanniens. Zunächst tritt zwar Emil Jannings als Präsident der Buren in Einzelszenen, die ihn in seiner amtlichen Funktion und in seiner privaten Lebensweise zeigen, stärker in den Vordergrund. Dann aber, wenn der große Kampf beginnt, taucht er unter in seinem Volk, wird er eins mit dem Schicksal seine Volkes. Nur hier und da hebt sich sein Kopf fast schemenhaft aus den Massen heraus als Willens- und Leidensmaske dessen, was die ganze Gemeinschaft durchlebt. (...) 
Ein gerader, schwerer Bauer, so steht Ohm Krüger in der Zeichnung Emil Jannings' vor uns, voll patriarchalischer Gutmütigkeit im häuslichen Kreis der Familie. Ein Fels in den schicksalhaften Ereignissen. Verächtlich triumphiert er über seinen skrupellosen Gegenspieler Cecil Rhodes, als dieser versucht, ihn mit hohen Bestechungsgeldern gefügig zu machen. Prächtig, wie dieser Ohm Krüger am Londoner Hofe mit biederer Bauernschläue die Unterhaltung mit der Queen auf eine privat vertrauliche Ebene zu bringen versteht. Erschütternd die Szenen, in denen er die anglophile Einstellung seines in England erzogenen ältesten Sohnes, der einmal sein Nachfolger werden soll, erkennen muß. Zu seherischer Bedeutung verdichtet sich die Physiognomie zum Schluß, wenn seine ersterbenden Worte den Untergang Englands voraussagen. (...)

Günther Schwark,
Film-Kurier, Nr. 81, 5.4,1941


 



Die Tobis-Studio Filme
Nicht öffentlich aufgeführt.


1940/1941. 
Tobis-Studio Film Nr. 2: 

Eine Stunde.

Regie, Buch: Peter Pewas. 
Kamera: Günther L. Arko. 
Bauten: Wilhelm Depenau. 
Schnitt: Bruno Jankowski. 
Darsteller: Fanny Schreck (Mutter), Franz Nicklisch (Sohn), Ruth Lutzmann (Erna), Katja Pahl (Lucie), Paulette Colar [= Monika Burg / Claude Farell], Viktor Joesten (Liebespaar). 
Produktion: Tobis-Filmkunst GmbH, Berlin. Herstellungsgruppe Malbran. Produktionsleitung: Werner Malbran. 
Länge: 23 min, 620 m. 


1941. 
Tobis-Studio Film Nr. 6: 

Ins Grab kann man nichts mitnehmen (1. Fassung).

Regie, Buch: Wolfgang Staudte; 
nach einer Idee von Arkadij Avercenko. 
Kamera: G. L. Arco. 
Bauten: Gustav Hennig. 
Schnitt: Ilse Voigt. 
Darsteller: Carl-Heinz Schroth (Bielewitz), Carl Günther (Bergow), Martha Ziegler (Minna). 
Produktion: Tobis Filmkunst GmbH, Berlin; Herstellungsgruppe Malbran. Produktionsleitung: Werner Malbran. 
Drehzeit: 1.4.1941. 
Drehort: Atelier Tobis-Lignose. 
Länge: 26 min. 


1941. 
Tobis-Studio Film Nr. 8: 

Der Selbstmörder (Ins Grab kann man nichts mitnehmen, 2. Fassung).

Regie, Buch: Hans Müller; 
nach einer Idee von Arkadij Avercenko. 
Kamera: E. W. Fiedler. Bauten: Gustav Hennig. Schnitt: Johanna Rosinski. 
Darsteller: Wilfried Seyferth (Bielewitsch), O. E. Hasse (Begerow), Ruth Gerntholtz (Natascha), Ernö René (Kavalier), Erna Sellmer (Anna). 
Produktion: Tobis Filmkunst GmbH, Berlin; Herstellungsgruppe Malbran. Produktionsleitung: Werner Malbran. 
Drehzeit: 3./4.4.1941, 
Wiederholung: 8.4.1941. 
Drehort: Atelier Tobis-Lignose. 


1941. 
Tobis-Studio Film Nr. 10: 

Ins Grab kann man nichts mitnehmen (3. Fassung).

Regie: Harry Hardt. 
Buch: Wolfgang Staudte; 
nach einer Idee von Arkadij Avercenko. 
Kamera: Erich Claunigk. Bauten: Ernst H. Albrecht. 
Schnitt: Eva Hoffmann-Laerzer. 
Ton: Gerhard Froboess. 
Darsteller: Hugo Schrader (Bielewitz), Adolf Ziegler (Bergow), Vera Comployer (Minna). 
Produktion: Tobis Filmkunst GmbH, Berlin; Herstellungsgruppe Malbran. Produktionsleitung: Werner Malbran. 
Drehzeit: 23.5.1941. 
Drehort: Atelier Jofa 1. 


1942/43. 

Altes Herz wird wieder jung.

Regie: Erich Engel. 
Buch: Walter Wassermann, C. H. Diller [= Lotte Neumann]; 
nach dem Bühnenstück "Alte Sünden rosten nicht" von Maurus Pacher. 
Kamera: Fritz Arno Wagner; 
Kamera-Assistenz: Friedrich Ludwig; 
Standfotos: Eugen Klagemann. 
Bauten: Otto Hunte; Ausführung: Karl Vollbrecht. 
Kostüme: Margit zur Nieden. Schnitt: Martha Dübber. 
Ton: Oskar Haarbrandt. 
Regie-Assistenz: Roly Bock. 
Musik: Theo Mackeben. 
Gesang: Margit Symo. 
Musik-Titel: "Für mich könnt' die Welt aus lauter Männern besteh'n"; 
Arien aus der Oper "Othello" (Giuseppe Verdi). 
Darsteller: Emil Jannings (Friedrich Wilhelm Hoffmann), Maria Landrock (Brigitte Lüders), Viktor de Kowa (Dr. Paul Dehnhardt), Will Dohm (Heinrich Hoffmann), Elisabeth Flickenschildt (Jenny, seine Frau), Harald Paulsen (Richard Lorenz), Roma Bahn (Irene, seine Frau), Gerta Böttcher (Lilo, beider Tochter), Margit Symo (Ilona Halmos), Paul Hubschmid (Willibald Mack), Paul Henckels (Justizrat Flinth), Max Gülstorff (Professor Tiburtius), Renée Stobrawa (Frau Wendisch), Ilse Petri (Lotte Wendisch), Lucie Höflich (Frau Blume), Hans Junkermann (Diener Windel), - Käthe Alving, Janette Brons, Gerda Dunker, Erich Dunskus, Eva Ernst, Ursula Fornell, Ilse Fürstenberg, Herbert Gernot, Karl Hannemann, Hanni Hartwig, Knut Hartwig, Hellmuth Helsig, Lisca Hoffmann, Friedrich Maurer, Inge Musehold, Irmingard Schreiter, Walter Tarrach, Petra Unkel, Franz Weber; in den Opernpartien: Katharina Boenisch [Stimme: Tiana Lemnitz] (Desdemona), Fritz Soot [Stimme: Max Lorenz] (Othello).
Produktion: Tobis-Filmkunst GmbH, Berlin; Herstellungsgruppe Fritz Klotzsch. Herstellungsleitung: Fritz Klotzsch. 
Produktionsleitung: Walter Lehmann. 
Aufnahmeleitung: Alfred Arbeiter. 
Drehzeit: 26.8. - November 1942. 
Drehort: EFA-Atelier Berlin-Halensee. 
Länge: 97 min, 2660 m. 
Zensur: 9.2.1943, B.58569, Jv. / DP: 27.5.1943, B.59020, Jf.14. 
Uraufführung: 2.4.1943, Berlin (Gloria-Palast; Germania-Palast).
- Prädikat: Künstlerisch besonders wertvoll.
- Arbeitstitel: Die liebe Familie.
- FSK-Fassung: 84 min, 2349 m. 
- Erstsendung: 13.6.1954, ARD.

(...) Diese Geschichte von dem bärbeißigen Schokoladenfabrikanten Friedrich W. Hoffmann, der erst mit siebzig Jahren erfährt, daß er einmal einen Sohn gehabt hat, und der durch das Erscheinen einer liebreizenden Enkelin - sehr zu seinem Vorteil - aus den Gleisen seines Hagestolz-Daseins geworfen wird, war es wert, verfilmt zu werden. Sie ist lustig und besinnlich zugleich und überdies durch heftige Attacken gegen erbschleichende Verwandtschaft angenehm gewürzt.

Walter Wassermann und C. H. Diller haben den guten Grundeinfall zu einem sehr überlegten und überraschungsreichen Drehbuch verarbeitet. Es behandelt nicht nur überzeugend die Wandlung des alten Isegrimm, sondern es enthält auch eine große Zahl gutgesehener und logisch entwickelter weiterer Rollen und bietet so die Möglichkeit für den wirksamen Einsatz eines sorgsam ausgewählten Ensembles. Es ist ein weiterer Vorteil dieses Drehbuches, daß es klug maßzuhalten versteht bei der Ausnutzung dankbarer und verlockender Situationen. Nach dem guten Grundsatz, daß man dann aufhören soll, wenn es am besten schmeckt, ist bis zum glücklichen Ende verfahren worden.
Der Regisseur Erich Engel hat der knappen, aber dennoch sehr präzisen und vielsagenden Ausdrucksweise des Drehbuches mit sicherer Hand bildhaften Ausdruck gegeben. Der Zuschauer ist bei fast allen Szenen schon in den ersten Metern im Bilde und wird schon bei der ersten Begegnung mit den Hauptpersonen über deren Charaktere erschöpfend informiert. Erheblichen Anteil an dieser einprägsamen Bildsprache haben die Bauten von O. Hunte und K. Vollbrecht, die jedes Milieu - die generaldirektoriale Wannseevilla ebenso wie das möblierte Zimmerchen - treffend umreißen und auch mit Requisiten beachtliche Wirkungen zu erzielen vermögen.

Engels Schauspielerführung, seine Kunst, jede Figur plastisch herauszustellen, ist es zu verdanken, daß wir sehr schnell über die Mitglieder der Dynastie Hoffmann informiert sind und mit ungeteiltem Vergnügen ihre Schicksale verfolgen können.
Emil Jannings als Herrscher im Reiche der Kakaoverarbeitung ist der Mittelpunkt des Filmgeschehens. Seine massige Gestalt wirft ihren Schatten auch auf die Szenen, in denen er persönlich nicht in Erscheinung tritt. Unwillkürlich bringt der Beschauer alles, was in dem Film geschieht, in Beziehung zu dieser Zentralfigur, ebenso wie die Familienmitglieder, selbst wenn sie lästern und schimpfen, ihr Tun und Reden in Beziehung zu dem Alten bringen. Auch an diesem heiteren Stoff erweist sich die überragende Schauspieler-Persönlichkeit von Emil Jannings. Er bringt uns von seinem ersten Auftritt an in die rechte Beziehung zu seiner Rolle. Er lehrt uns, daß dieser F. H. Hoffmann klug und mißtrauisch, hellhörig und rechthaberisch ist, aber er läßt auch in all das grantige Gebrumm einen Ton einfließen, der die spätere Wandlung glaubhaft macht. Mit der Enkelin, die nur ihren Abstammungs-Nachweis komplettiert haben will und die den großväterlichen Mammon stolz übersieht, gewinnen auch wir den alten Herrn lieb. 
Jannings versteht die Sprache, die zu unseren Herzen spricht, auch wenn sie sich nicht der Worte bedient. Er beginnt mit einem anerkennenden Kopfnicken nach der ersten Begegnung, das zum Ausdruck bringt, daß ihm das Mädel wie auch uns gefällt. Mit sich steigendem Eifer, rührend in seiner Verschämtheit, wirbt er dann wie ein wahrhaft Liebender um das selbstbewußte Fräulein, das ihm allmählich seine Seele öffnet. Ein tapsiges Heranschleppen von Blumenmassen anläßlich des ersten Besuchs, das Verlangen, während einer Opernvorstellung die Hände des Mädchens zu streicheln, der Stolz über die ersten Zeichen ihrer Zuneigung - alles dies und vieles andere gestaltet Jannings zu nachhaltigen Erlebnissen. Nebenher gehen die humorvollen Szenen, in denen er für die Aufregung seiner Neffen und Nichten sorgt.

Für das Wesen, das all den Wandel bewirkt, ist Maria Landrock eingesetzt. Sie formt aus der dankbaren Rolle einen wertvollen Menschen, dem man die Gunst der Glückgöttin neidlos gönnt. Man kann es verstehen, daß sich des alten Hoffmanns Lieblingsneffe Hals über Kopf in soviel Anmut verliebt. Viktor de Kowa, wieder einmal von herrlicher Vitalität erfüllt, zeichnet gewinnend die Stationen seines Verliebens. (...)
F. A. Wagner sorgte für eine ausgezeichnete Photographie, die den Schauspielern ebenso zugute kam wie der Darstellung fortschrittlicher Fabrikanlagen. (…)

Georg Herzfeld,
Film-Kurier, Nr. 78, 5.4.1943


1944/45. 

Der Mann, dem man den Namen stahl.

Regie: Wolfgang Staudte.
Buch: Josef Maria Frank, Wolfgang Staudte. 
Kamera: Eduard Hoesch. 
Kamera-Assistenz: Rudolf Bredtschneider, Karl Hoesch. 
Standfotos: Heinz Klinkmülle. Bauten: Otto Hunte; 
Ausführung: Karl Vollbrecht. 
Kostüme: Erika Reinhardt. Schnitt: Johanna Rosinski. 
Regie-Assistenz: Erich Frisch. 
Ton: Hans Grimm, Adolf Jansen. 
Musik: Herbert Trantow. 
Lied-Text: Oskar Schima. 
Musik-Titel: "Mamatschi". 
Darsteller: Axel von Ambesser (Fridolin Biedermann), Ruth Lommel (Elvira Sauer), Gretl Schörg (Marlen Weber), Paul Henckels (Dr. Heimlich), Leopold von Ledebur (Sauer jun.), Ruth Buchardt (Svea), Hubert von Meyerinck (Max Viereg), Kurt Weitkamp (Heini Bock), Elisabeth Flickenschildt (Hella), Hans Herrmann-Schaufuß (Standesbeamte), Aribert Wäscher (Polizeikommissär); - außerdem (alphabetisch): Walter Bluhm (Ganove), Egon Brosig (Leiter der Registratur), Änne Bruck (Hutverkäuferin), Wolfgang Dohnberg (Polizeipräfekt), Else Ehser (Kundin), Hellmuth Helsig (Sveas Begleiter), Rudolf Koch-Riehl (Polizist), Maria Litto (Verkäuferin), Henry Lorenzen (Ganove), Ingrid Lutz (Mädchen in der Bar), Hans Meyer-Hanno (Gendarm), Hadrian Maria Netto, Hellmuth Passarge, Friedrich Petermann (Munitionswilli), Carl Heinz Peters (Ganove), Klaus Pohl (Hotelportier), Louis Rainer (dunkler Ehrenmann), Ferdinand Robert (Mitglied des Kabinetts), Fredy Rolf (Geschäftsführer der Kap Horn Bar), Franz W. Schröder-Schrom (Konsul Weber), Leo Sloma (Wirt), Elsa Wagner (Frau Weber), Walter Werner (Standesbeamte). 
Produktion: Tobis-Filmkunst GmbH, Berlin. Herstellungsgruppe Bernhard F. Schmidt. Aufnahmeleitung: Woldemar Runge-Wasa, Georg Kiaup. 
Drehzeit: 24.4. - Anfang August 1944. 
Zensur: März 1945, Verbot. 
- Von der Zensur verboten.
- Aus den erhaltenen Fragmenten unter Verwendung von Standfotos rekonstruierte Fassung; EA: 21.6.1996.

Irgendwo im weiten Land fand Fridolin Biedermann in Elvira für sein liebebedürftiges Herz das vermeintliche große Glück. Doch jäh fällt er aus den Wolken des Siebenten Himmels, als der Standesbeamte ihm nüchtern Heiratsschwindel und Hochstapelei vorwirft. Im Register steht, daß Biedermann schon verheiratet und Vater von insgesamt acht, teils ehelichen, teils unehelichen Kindern ist. Und was im Register steht, stimmt! Der Kommissär schreitet ein und setzt Fridolin fest. 

Doch das Glück schirmt Fridolin. Auf dem Transport zur Präfektur löst sich der Gefängniswagen in seine Bestandteile auf. Fridolin kann wieder über sein Ich verfügen. Beim Präfekten erhält er die schriftliche Bestätigung, daß gegen ihn amtlich nichts Nachteiliges vorliegt, und daß ein Schwindler sich seiner Papiere bediente, um unter seinem ehrlichen Namen eine Serie Betrügereien auszuführen. Biedermann schwenkt Elvira strahlend sein Entlastungszeugnis entgegen. 

Doch was muß er feststellen? Während seiner Haft konzentrierte Heini Bock sein seelisches Störungsfeuer auf Elviras offenbar nur leichtgepanzertes Herz. Gleichwohl startet er mit ihr abermals zum Standesbeamten, um nun den ersehnten Führerschein für die Ehe zu erwirken. Leider blockiert der Standesbeamte abermals Fridolins Ehehafen. Noch ist der Name des falschen Biedermann nicht ermittelt, also auch die Löschung seiner Eintragung im Register nicht erfolgt. 

Fridolin ist willens, sein Glück zu erzwingen. Nachdem er Elvira zur Treue und Geduld ermahnt, seinen Nebenbuhler Heini Bock mit dem Prädikat "langweilig" diffamiert hat, finden wir ihn in der Detektei "Röntgenblick" bei Dr. Heimlich. Dieser, ein Meister seines Fachs, ermittelt in Kürze den falschen Biedermann in einem gewissen Max Vieregg, der gerade mit seiner derzeitigen Sekretärin und Geliebten Swea einen neuen großen Heiratsschwindel vorbereitet.





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